Ein
Blick in die Geschichte der Sektion Zwiesel des Bayerischen
Wald-Vereins
Zwiesel.
Im Jahr 1883 wurde der Bayerische Wald-Verein gegründet.
Zu den Gründungssektionen gehörte die Sektion Zwiesel.
Am Samstag feierte die Sektion deshalb ihr 125-jähriges
Jubiläum. Aus diesem Grund wollen wir einen Blick zurück
in die ereignisreiche Geschichte der Sektion Zwiesel des Bayerischen
Wald-Vereins werfen.
Am
25. November 1883 trafen sich 60 lokale Honoratioren aus Passau,
Deggendorf, Zwiesel, Bodenmais, Eisenstein, Regen, Viechtach
und Lohberg in Deggendorf zur „constituirenden Generalversammlung“
des Bayerischen Wald-Vereins. Schon zuvor hatte ein Komitee
die Statuten nach dem Vorbild des Alpenvereins ausgearbeitet.
Als Vereinszweck wurde darin formuliert: „Die Kenntnis des
bayerischen und Böhmerwaldes zu erweitern und zu verbreiten,
sowie dessen Bereisung zu erleichtern.“ Nachdem man die Statuten
diskutiert hatte, wurde die Gründung des „Bayerischen
Wald-Vereins“ beschlossen. Sogleich wurden die ersten Sektionen
gebildet. Das waren Deggendorf, Passau, Zwiesel, Bodenmais,
Eisenstein und Regen. Lohberg und Viechtach folgten kurze
Zeit später. Die formelle Gründung der Sektion Zwiesel
erfolgte am 10. Dezember 1883 mit 29 Mitgliedern. Zum Vorsitzenden
wurde Forstmeister Hermann Denk gewählt. Mit Bezirksgeometer
Burgartz war Zwiesel auch im Vereinspräsidium vertreten.
Der
Verein und seine Sektionen hatten sich zum Ziel gesetzt, den
Fremdenverkehr im Bayerischen Wald anzukurbeln und die dafür
nötige Infrastruktur zu schaffen. Dieser Aufgabe widmete
sich die Sektion mit großem Engagement, denn es fehlte
noch an markierten Wanderwegen, Schutzhäusern und ansprechenden
Unterkünften. Von großer Bedeutung war die Werbung
für die Region als Sommerfrische, wurde der Bayerische
Wald doch zu dieser Zeit als das Armenhaus Bayerns angesehen
und als Erholungsgebiet kaum beachtet. Der Wald-Verein wollte
die wirtschaftliche Lage in der Region verbessern und sah
im Tourismus die größte Chance. „Der Verein wollte
Hilfe zur Selbsthilfe geben“, erklärte der Ehrenvorsitzende
der Sektion Zwiesel, Felix Eisch, bei seinem Festvortrag zur
Sektionsgeschichte.
Im
Laufe der Jahre wurden viele Kilometer Wanderwege markiert.
Meist nutzte man dafür die Holzzieher-Bahnen und Holzhauerwege.
Bis 1933 hatte die Sektion Zwiesel bereist 144 Kilometer Wanderwege
und 15 Kilometer Skiwege ausgewiesen, zudem 40 Ruhebänke
im Sektionsbereich aufgestellt. Ein erster Höhepunkt
in der Sektionsgeschichte war 1888 der Bau eines Pavillons
am Großen Arbersee mit zehn Betten für Übernachtungsgäste.
45 Jahre später konnte man das Schutzhaus am Falkenstein
eröffnen. Die Sektion Zwiesel erkannte aber auch schon
früh das Potential des Zwieseler Winkels als Wintersport-
bzw. Wintertourismusregion. So traf bereits 1909 der erste
„Wintersportzug“ mit 150 Touristen aus Regensburg ein.
Nachdem
das Vereinsleben und der Fremdenverkehr während des Zweiten
Weltkrieges zum Erliegen gekommen waren, setzte sich der „Hausmeister
des Bayerischen Waldes“, Anton Pech, für die Wiederbelebung
des Vereinslebens ein und nahm sein Engagement als unermüdlicher
Werber für den Bayerischen Wald und für Zwiesel
wieder auf.
Die
Nachkriegsjahre brachten für die Sektion Zwiesel insgesamt
eine große Veränderung. Einerseits traten dem Verein
viele Flüchtlinge und Heimatvertriebene bei, die ihre
Heimat verloren und nun im Bayerischen Wald eine neue Heimat
gefunden hatten. Andererseits wandelte sich die Sektion von
einem fast elitären Verein, dem hauptsächlich die
lokalen „Honoratioren“ angehört hatten, zu einem Verein,
in dem alle Gesellschaftsschichten vertreten sind.
Die
Förderung des Tourismus blieb nur ein Aspekt der vielfältigen
Arbeit der Sektion Zwiesel. Fruchtbar war und ist das Wirken
im kulturellen Bereich. Das beste Beispiel hierfür ist
die Kunstausstellung „Zwieseler Buntspecht“. „Um den Vorurteilen
der kulturellen Rückständigkeit der Waldler zu begegnen,
veranstaltete die Sektion 1963 zum 80-jährigen Vereinsjubiläum
die Ausstellung zum ersten Mal“, so Felix Eisch. Die Anfänge
waren noch bescheiden, doch die ausstellenden Künstler
hochrangig. Künstler wie Mauder, Fruth, Koeppel oder
Langer, um nur einige zu nennen, sind damals wie heute hochgeschätzt.
Heuer findet der „Buntspecht“ bereits zum 46. Mal statt. Mittlerweile
stellen nicht mehr nur Künstler aus Bayern aus, sondern
auch tschechische Künstler gewähren seit vielen
Jahren Einblick in ihr künstlerisches Schaffen.
1965
konnte der von der Sektion initiierte und wesentlich finanzierte
Kulturfilm „Ein Jahr geht übers Waldgebirg“ von Dr. Fritz
Janka uraufgeführt werden. „Eine ausgezeichnete Werbung
für den Bayerischen Wald“, so Eisch. Auf Anregung des
Ehrenmitglieds Paul Friedl wurde 1972 das „Ostbayerische Volksmusik-
und Volksliederarchiv“ gegründet. Es sammelt Volkslieder,
volkstümliche Gesänge und Musikstücke im ostbayerischen
Raum und den angrenzenden Gebieten, gibt diese an Musik- und
Gesangsgruppen weiter und erhält auf diese Weise das
alte Liedgut für kommende Generationen. 1981 wurde nach
Archivunterlagen ein 108 Lieder umfassendes Liederbuch herausgegeben.
Auf
eine Initiative des Waldvereins geht auch die Einrichtung
des Zwieseler Waldmuseums zurück. Dem Waldmuseum ging
ein kleines Heimatmuseum voraus, das großen Zuspruch
fand, aber nur einen geringen Teil der Objekte ausstellen
konnte. Die Sektion Zwiesel bemühte sich deshalb um die
Erweiterung des Museums, leitete sogar eine Spendenaktion
in die Wege, fand aber zunächst bei der Stadt Zwiesel
kein Gehör. Erst nachdem der Waldverein selbst ein Museum
aufbauen wollte, kam es zu einer Einigung und so konnte am
15. Mai 1966 das Waldmuseum mit der von den Sektionsmitgliedern
Klotz und Dr. Priehäußer eingerichteten Abteilung
„Wald und Holz“ eröffnet werden. Eine weitere touristische
Attraktion und Denkmal der Heimatgeschichte sind die unterirdischen
Gänge. Der 2001 gegründete Arbeitskreis „Unterirdische
Gänge“ leitete die Erschließung und Erforschung
des Gangsystems in die Wege. 2005 wurde der Arbeitskreis aufgelöst
und der Verein „Unterirdisches Zwiesel“ gegründet.
Eine
wichtige Rolle im Vereinsleben spielen die Natur und der Naturschutz.
Dass man heute noch zu den Schachten, einzigartigen Denkmälern
der bäuerlichen Siedlungsgeschichte des Bayerischen Waldes,
wandern kann, ist der Sektion Zwiesel zu verdanken. Nach einer
entsprechenden Entschließung der Ministerialforstverwaltung
im Jahre 1956 ging die Staatsforstverwaltung Anfang der 1960er
Jahre daran, die alten Unterstellbäume abzuholzen und
die Schachtenflächen aufzuforsten. Nur durch den vehementen
Einspruch des Waldvereins und den jahrelangen Einsatz der
Sektion Zwiesel konnte die Aufforstung gestoppt und der Erhalt
der Schachten erreicht werden. Ab 1974 bis zur Erweiterung
des Nationalparks beteiligte sich die Sektion mit ihren regelmäßigen
Schachtenaktionen aktiv an der Pflege der ehemaligen Weideflächen.
An die Zeit der Waldhirten erinnert der Hirtenbrunnen im Stadtpark,
den die Sektion 1983 zum 100-jährigen Jubiläum aufstellte.
Den Holz- und Glasarbeitern hatte sie schon 1969 beim Kino
ein Denkmal gesetzt.
Die
Sektion Zwiesel setzte sich in den 1980er Jahren mit Erfolg
gegen den übertriebenen Bau von Rückegassen und
Forststraßen im Staatswald ein. 1990 wurde unter der
Federführung der Sektion Zwiesel eine Resolution gegen
die Ausweitung des Nationalparks über den Rachel hinaus
verfasst. Noch heute steht man dem Nationalpark kritisch gegenüber.
Darüber hinaus wurde durch den Einsatz der Sektion die
Öffnung der Grenzübergänge Ferdinandsthal und
Gsenget erreicht. Einen finanziellen Kraftakt bedeutete die
Renovierung der von der Sektion gepachteten Höllbachhütte.
Groß
geschrieben wird in der Sektion Zwiesel aber auch die Geselligkeit.
Gemeinsame Wanderungen, Rad-, Ski- und neuerdings Schneeschuhtouren,
die Frühjahrs- und Herbstfahrten, die Kulturfernreisen,
Sitzweil- und Weihnachtsfeiern sind ein lebendiger Beweis
dafür, dass die Zwieseler Wald-Vereinler die Kameradschaft
pflegen und die Sektion ein lebendiger Verein ist. Die Sektion
Zwiesel ist im 21. Jahrhundert fest verwurzelt und geht mit
dem Fortschritt, denn seit 2005 kann man der Sektion unter
www.waldverein-zwiesel.de auch online einen Besuch abstatten.
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